Philosophie der Lebenskunst

Lebenskunst „ist eine fortwährende Arbeit der Gestaltung des Lebens und des Selbst“ hatte Wilhelm Schmid (Philosophie der Lebenskunst, Frankfurt 1998, S.72) formuliert. Der philosophische Lebenskünstler „zeichnet sich dadurch aus, dass er ein erfülltes Leben führt“. (W. Schmid: Schönes Leben? Frankfurt 2000, S.31) Das ist leichter gesagt als getan. Das muss konkreter werden. Das wird jetzt konkreter.

Philosophische Lebenskunst soll Hilfe zur kreativen Gestaltung des modernen Alltags für alle Individualisten anbieten. Dabei hilft aber nicht das Lesen von philosophischen Wälzern, sondern das Selberdenken. Selberdenken ist aber “Selberschreiben“. Die methodische Arbeit am Ich als Kunstwerk, muss Methoden zur Erschließung des Überbewusstseins und des Unterbewusstseins anbieten. Diese Arbeit sollte sich der 3. Aufklärung verpflichtet fühlen, also einer Welt, in der der Kapitalismus als Religion, die Atombombe al Finale, die Gefahr der Menschenflucht radikal hinterfragt wird. Die philosophische Arbeit kann nicht eurozentrisch sein. Sie verfolgt einen integralen pluralistischen Ansatz, der alle Quellen der Lebenssteigerung aus allen Ländern, aller Kulturen, allen Zeiten ausschöpft. Der Ort der Praxis philosophischer Lebenskunst ist nicht der einsame Schreibtisch, sondern der Verein von individuellen Lebenskünstlern, die sich heute in den philosophischen Cafés der Großstädte treffen, schreiben, diskutieren und emanzipieren von falschen Lebensphilosophien.
Die allgemeine philosophische Lebenskunst ist ein Ost-West Dialog. Der Westen steuert Epikurs Entschärfung aller Ängste bei, Montaignes skeptische Hinterfragung aller Funktionen und Karl Jaspers Bemühungen, um einen philosophischen Glauben. Der Osten verweist auf Laotses TAO als Weltgesetz, auf Konfuzius goldene Regel und die vier edlen Wahrheiten des Buddha. Aus diesen Quellen schöpft die philosophische Lebenskunst Kräfte für das Individuum, vom Totalitarismus bedroht, von der Menschenflucht-Ideologie auf sich selbst zurückgeworfen ist. Nach dem Ende der Megaerzählungen vom großen Glück, macht sich das Individuum in der philosophischen Lebenskunst auf den eigenen Weg in metaphysischer Obdachlosigkeit sein Leben zu meistern. Dabei steuert der Westen Methoden der Emanzipation bei und er Osten Methoden der Vertiefung der Weltsicht. Dabei wird unterstellt, dass Selbstveränderung und Globalisierung, Ich-Verwirklichung und Kapitalismus, Kritik, Selbstanalyse und gottlose Mystik zusammenklingt. Allerdings ist es mit allgemeinen Orientierungshilfen nicht getan. Philosophische Lebenskunst muss sich als spezielle Lebenskunst für alle existentiellen Probleme praktizieren lassen. Das beginnt mit dem zentralen Thema der Liebe. Hier hat die Lebenskunst die spirituellen und destruktiven Seiten der Liebe, also Feuerbach und de Sade zu berücksichtigen.
Das Lachen ist für die Lebenskunst der Gipfel der Befreiung. Sie setzt deshalb auf die Einübung des großen philosophischen Gelächters. Das Leben ohne Weg zum Gipfel hat keine Struktur. Mystik für Gipfelstürmer und die Wege zum Gipfel und seine Gefahren klären.
Im Zentrum der speziellen Lebenskunst steht das Ich. Seine Konstitution vor Auschwitz, seine Bedrohung durch Auschwitz und die Atombombe und sein Überleben nach Auschwitz ist Teil der lebenskünstlerischen Arbeit.
Die Basis der Lebenskunst ist das Leben. Jeder hat seine Lebensphilosophie, ob er will oder nicht. Die Selbsthermeneutik der eigenen Lebensphilosophie in Auseinandersetzung mit der heutigen Revolution der Lebensforschung kann die Konstitution des Ichs unterstützen. Weil Leben Leiden ist, muss die Philosophie als Psychotherapie rekonstruiert werden. Nur die philosophische Psychotherapie als Selbsttherapie kann das Individuum bei den Krisen des heutigen Lebens schützen.
Das Selbstverständnis des Individuums stößt auf die Grenze seines Wissens. Es fragt, was kann ich am Glauben noch glauben. Das Individuum sollte die eigenen Glaubenssätze rekonstruieren.
Die atomare Situation, die Säkularisierung und der Kampf der Religionen wirft die Frage des Atheismus auf. Das Individuum steht vor der Klärung, wie kann ich das Verschwinden Gottes aus der Welt verstehen.
Die großen Weltreligionen sind für die philosophische Lebenskunst eine weitere Herausforderung. Die philosophische Lebenskunst sollte die vielen spirituellen Wege prüfen, ob sie dem Individuum helfen können im Alter, auch das im Leben entwickelte Ich wieder loszulassen. Die allgemeine und die spezielle Lebenskunst wird in philosophischen Cafés vermittelt, entwickelt und vertieft. Sie setzt mit dem Schreiben als Denken auf die Kraft der Führung eigener philosophischer Journale. Philosophische Lebenskunst macht den Einzelnen zum Autor seiner eigenen Lebensphilosophie. Dabei entwickelt die Kultur des philosophischen Cafés die Impulse von Sokrates weiter. Das philosophische Café betreibt Selbsterkenntnis des wirklichen Ichs, das in der Masse, unter dem Druck des Geldes, durch die Manipulation der Medien zu verschwinden droht. Dabei wird kreatives Denken als Selberdenken, kreatives Schreiben. Über alle aufgeführten Bereiche der allgemeinen und speziellen Lebenskunst hat der Autor Selbstlernbücher vorgelegt. Sie eignen sich zum Selberschreiben und Selberdenken und zum Aufbau von philosophischen Cafés in Groß- und Kleinstädten.